04.05.2023
„Stein und Ton sagen mir was draus werden soll“ Vernissage der Ausstellung des künstlerischen Schaffens von Karin Ritscher in St. Elisabeth
Von Walter Schmid
Isny. Seit einigen Tagen schon sind im Eingangsbereich und in den Fluren
des Altlenhilfe-Zentrums AHZ kunsthandwerkliche Skulpturen der Mitbewohnerin
Karin Ritscher ausgestellt. Tiere stehen und liegen friedlich nebeneinander. Es
scheint so als würden sie alle leben und wären gerade erst, in diesem Moment,
zu Stein geworden. Sie haben Charakter, sie wollen dem Betrachtenden etwas
mitteilen.
In Würdigung ihrer Lebensleistung und vor allem auch ihres
künstlerischen Schaffens fand im Foyer der Kapelle St. Ursula im Kreis der
Hausgemeinschaft eine Vernissage statt mit Ansprachen von Pfarrer Edgar Jans
und AHZ-Geschäftsführer Frank Höfle. Frau Karin Ritscher war bei diesem
festlichen Anlass zu ihren Ehren sichtlich erfreut und dankbar, dass sie
als Mitbewohnerin zu den
vielfältigen Angeboten in ihrer neuen
Heimat St. Elisabeth selbst auch etwas beitragen darf.
Karin Ritscher, ist ein Jahr vor Kriegsende in Schlesien geboren, wurde
deshalb zu einem typischen Flüchtlingskind. Als Baby sei sie auf der Flucht
sogar verloren gegangen, so erzählt die im Alter unsicher gewordene,
empfindsame Dame. Wenn man ihrem eigenen Erzählen lauscht - ihrer sozialen und
künstlerischen Lebensleistung in der Summe nachspürt, bleibt der Eindruck: gut,
dass diese Frau nicht verloren gegangen blieb. Wiedergefunden auf wundersame
Weise im kriegszerstörten Berlin und im Bombenhagel, gut beschützt im Arm der
Mutter oder auch der Oma. Dieses Bild der Geborgenheit habe sie lebenslang
begleitet. Es sei für sie auch ein Bild für ihr Gottvertrauen geblieben. In
Augsburg sei sie zur Schule gegangen,
habe Sozialpädagogik studiert mit Zusatzausbildung der Heilpädagogik. Sie habe
viele Jahre in Hamburg ein Heim für schwer erziehbare Kinder und Jugendliche
geleitet. Schon im Rahmen der Heimerziehung habe sie versucht kunstpädagogisch
tätig zu sein. Jedoch erst im beruflichen Ruhestand habe sie ihre künstlerische
Leidenschaft verfeinert und erweitert. „Meine Werkstatt ist zur zweiten Heimat
geworden.“ Frau Ritscher schätzt, dass sie insgesamt 160 verschiedene Motive
mit ihren Händen geformt hat. Wenn etwas dabei war das die Leute kaufen
wollten, habe sie davon auch mal eine kleine Serie angefertigt. „Die Grundidee
hatte ich immer im Kopf. Was letztlich daraus entstanden ist, hat mir der Stein
oder der Ton im Laufe des Schaffens mitgeteilt. Eine Arbeit zu unterbrechen ist
mir nicht möglich gewesen. Ich musste dranbleiben bis die Skulptur fertig war.“
Nach Beendigung einer Arbeit sei sie zufrieden gewesen, auch müde, manchmal
auch traurig und leer. Aber sie werde auch belohnt, wenn Besucher ihre
Kreationen anfassen, ihnen nachspüren, sich erfreuen an deren Schönheit.
Nebenher habe sie auch noch Kunsthandwerkermärkte organisiert und
dadurch unzählige Hobby-Künstler zusammengebracht.
Im Laufe ihres Lebens sei sie einige Male in Neutrauchburg in Kur
gewesen – in der körperlichen und seelischen Wohlfühl-Region Isny. Als die drei
Kinder längst das Haus verlassen hatten, sei sie 1998 im Ruhestand mit ihrem
Mann nach Isny gezogen. 2006 sei er allerdings leider verstorben. Im August
vergangenen Jahres sei sie sehr liebevoll im Heim als ihre letzte irdische
Heimat aufgenommen worden und fühle sich fast wie Zuhause.